Viele, die nach Spanien reisen oder dorthin auswandern, merken es schnell: Der Tagesrhythmus wirkt anders als in Mitteleuropa. Es wird spät hell, die Menschen essen später und selbst im Winter bleibt es abends vergleichsweise lange hell. Der Grund dafür liegt in einer Besonderheit, die nur wenigen bewusst ist: Spanien lebt streng genommen in der falschen Zeitzone.
Historischer Hintergrund: Eine politische Entscheidung aus dem Jahr 1940
Geografisch gehört Spanien eigentlich in dieselbe Zeitzone wie Portugal, Großbritannien oder die Kanarischen Inseln – also in die Greenwich Mean Time. Bis Anfang der vierziger Jahre war das auch der Fall. Dann stellte die Regierung unter Francisco Franco die Uhren um eine Stunde vor, um sich zeitlich an Deutschland und andere mitteleuropäische Länder anzupassen.
Aus der temporären Anpassung wurde später ein Dauerzustand. Die Uhren wurden nie wieder zurückgestellt, und so gilt bis heute mitteleuropäische Zeit, obwohl Spanien geographisch deutlich weiter westlich liegt.
Wie sich die falsche Zeitzone auf den Alltag auswirkt
Diese Entscheidung prägt den spanischen Alltag bis heute. Der Sonnenaufgang kommt später als in anderen europäischen Ländern derselben Zeitzone. Im Winter kann es in einigen Regionen bis nach neun Uhr dauern, bis es hell wird. Dadurch verschieben sich fast alle Tagesabläufe automatisch nach hinten.
Die Mittagspause findet später statt, viele Restaurants öffnen erst am frühen Nachmittag. Abendessen um 21 oder 22 Uhr ist völlig normal. Und weil die Sonne später untergeht, verbringen viele Menschen den Abend gern draußen – selbst werktags.
Für Besucher wirkt dieser Rhythmus oft ungewohnt, aber er fügt sich perfekt in den spanischen Lebensstil ein: lange Abende, viel Zeit im Freien und ein entspannter Umgang mit dem Tagesablauf.
Soll Spanien die Zeitzone wechseln?
Hin und wieder wird diskutiert, ob Spanien zur geografisch richtigen Zeitzone zurückkehren sollte. Experten argumentieren, ein Wechsel zur Greenwich-Zeit könnte Schlafrhythmen verbessern, die Produktivität erhöhen und Arbeitszeiten harmonisieren. Bereits 2013 empfahl eine parlamentarische Kommission, die Zeitumstellung zu prüfen.
Andere Stimmen bezweifeln, dass eine neue Zeitzone den Alltag grundlegend verändern würde. Essenszeiten, Arbeitsrhythmen und soziale Gewohnheiten sind in Spanien tief verankert. Selbst wenn die Uhr eine Stunde zurückgestellt würde, müsste sich die Gesellschaft erst daran anpassen – und das braucht Zeit.
Die Kanarischen Inseln als Ausnahme
Eine Region hält sich bis heute an die geografisch natürliche Zeitzone: die Kanaren. Dort gilt weiterhin GMT, also dieselbe Zeit wie in Portugal oder Großbritannien. Wer zwischen Festland und Kanaren pendelt, erlebt daher immer eine kleine Zeitverschiebung von einer Stunde.
Fazit
Dass Spanien in der „falschen“ Zeitzone lebt, ist ein Relikt aus der Vergangenheit – aber eines, das den Alltag bis heute prägt. Die späteren Sonnenzeiten erklären viele Gewohnheiten, die Besucher zunächst überraschen: das späte Essen, die langen Sommerabende und den entspannten Rhythmus des Landes.
Ob Spanien irgendwann zur geografisch korrekten Zeit zurückkehrt, ist offen. Bis dahin bleibt die aktuelle Zeitzone ein interessantes Detail, das hilft, das Land und seine Besonderheiten besser zu verstehen.

